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Mama-Tipp: Ohne Diät schlank und fit in den Sommer

Von wegen Crash-Diät: Kurzzeitfasten hilft beim Abnehmen und die häufigsten Zivilisationskrankheiten vorzubeugen, zu lindern und zu heilen. Ein Gespräch mit Ernährungsexpertin Anna Cavelius.

Warum macht unser Lebensstil so dick?

Weil unser Stoffwechsel ein altes Modell ist und nicht an das heutige Ernährungsangebot angepasst ist. Der Mensch hat überlebt, weil sein Körper im Lauf der Evolution gelernt hat, mit naturgegebenen Hungerzeiten umzugehen, indem er bei spontanem Nahrungsüberfluss Speicherfett anlegt. Dieser Fettspeicher war überlebenswichtig, heute ist er die Ursache für eine epidemische Zunahme von Übergewicht.

Welcher methodische Ansatz steckt hinter dem Intervall-Fasten?

Essenspausen unterschiedlicher Länge, je nach Belieben oder (Abnehm-)Bedürfnis. Je nach Ziel kann man beim Intervallfasten zwischen täglichen Essenspausen oder ganzen Fastentagen wählen – z. B. zwölf Stunden im Schlaf pausieren, oder eine Mahlzeit am Tag ausfallen lassen oder fünf Tage in der Woche normal essen und zwei Tage nichts. So lernt der Stoffwechsel, von seinen Reserven zu leben. In der restlichen Zeit isst man in Maßen, worauf man Lust hat. Ein gesünderes Essverhalten stellt sich nebenbei wie von selbst ein.

Warum entspricht Intervall-Fasten unserem steinzeitlichen Stoffwechsel?

Eine Zeitlang nicht zu essen entspricht dem Habitus jedes natürlichen Wesens. Wir essen, dann machen wir eine Pause, die unsere Verdauung braucht, um alle Nährstoffe aufzuspalten und in den Zellstoffwechsel zu schleusen und dann essen wir im besten Fall erst wieder, wenn wir Hunger haben. Bei einem gesunden Menschen, der sich ausgewogen ernährt, sind das fünf Stunden bis zur nächsten Hauptmahlzeit. Wenn wir pausenlos essen oder ständig snacken, überfordern wir unser System: Wir nehmen zu und werden leichter krank.

Ist Intervall-Fasten ein neuer Trend oder gibt es das Kurzzeitfasten schon länger? 

Sagen wir, es handelt sich um eine Wiederentdeckung. Essenspausen zwischen den Hauptmahlzeiten oder auch das Weglassen einer Mahlzeit war bis vor gut 50 Jahren noch normal. Es gab gar nicht so viele Lebensmittel und kalorienhaltige Getränke, die ständig zum Snacken einladen oder To Go-Läden und -Restaurants. Da sind Erfindungen einer florierenden Lebensmittelindustrie, die sich die Schwäche der Menschen zunutze macht, unbewusst auf Vorrat zu essen.

Bedeutet in Abständen Fasten, dass man dies dann sein Leben lang machen sollte?

Man kann das machen, wie man will und wie es am besten in den eigenen Alltag passt. Aber alleine das Einbauen von drei Essenspausen am Tag – zwischen Frühstück und Mittagessen, Mittag- und Abendessen sowie die Essenspause in der Nacht halten den Blutzucker- und Insulinspiegel in einem gesunden Maß und sorgen dafür, dass man ein natürliches Hungergefühl entwickelt. Allein diese Gewohnheit wäre es wert, ein Leben lang beizubehalten, da sie hilft, und gesund zu erhalten. Wer darüber hinaus etwas für sich tun will, kann es auch gerne mit längeren Intervallen versuchen. Kurzzeitfasten ist eine Wellnessmaßnahme für den Stoffwechsel.

Ist es mental nicht schwieriger, immer wieder zu Fasten als nur zwei Mal im Jahr?

Das ist individuell verschieden. Für geübte Heilfastende, die mindestens eine Woche am Stück fasten, ist es nicht schwierig, zweimal im Jahr längerfristig auf feste Nahrung zu verzichten. Für Ungeübte hingegen ist das eine echte Herausforderung. Kurzzeitfasten ist viel einfacher, einfach, weil man weiß, dass es bald wieder etwas zu essen gibt. Man ist viel entspannter.

Welche gängigen Möglichkeiten des kurzfristigen Fastens gibt es?

Essenspausen zwischen fünf und 24 Stunden bis hin zu 48 Stunden für härter Gesottene.

Wie erkennt man, welcher Fastenrhythmus für einen persönlich der Beste ist?

Am eigenen Wohlbefinden und ob man das Hungergefühl gut handeln kann, sprich: ob man leistungsfähig und konzentriert bleibt. Man kann dabei klein anfangen und die Intervalle ganz behutsam ausdehnen.

Verliert man wirklich messbar an Gewicht, nur indem man fünf Stunde zwischen den Mahlzeiten pausiert?

Auf Dauer ja, allerdings hängt das auch von einer ausgewogenen Nährstoffzusammensetzung ab. Ideal ist ein individuell angepasster Eiweißanteil (1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht = ca. 20 bis 30 Gramm Eiweiß aus Eier, Milch und Milchprodukten. Fleisch, Fisch oder Hülsenfrüchten pro Mahlzeit) plus reichlich volumen- und ballaststoffhaltiges Gemüse sowie maßvolle Portionen an Kohlenhydraten (Brot, Nudeln, Kartoffeln, Reis). Je kohlenhydratreicher und eiweißärmer eine Mahlzeit ist, desto schneller ist der Hunger wieder da.

Wie steht es mit dem Jojo-Effekt bei den gezielten Essenspausen?

Da die Pausen relativ kurz sind und man normal isst, baut der Körper keine Eiweißstrukturen in Form von Muskelgewebe ab. Bleibt die Muskulatur erhalten und ist man aktiv, verbrennt die sie fleißig weiter Fett. Verliert man hingegen Muskeln bei einer Hungerdiät, schrumpft der Energiebedarf und das Gewicht saust beim Normalessen nach oben (Jojo).

Beim Fasten geht es nicht nur darum, Gewicht zu verlieren. Warum ist Fasten so gesund?

Fasten ist ursprünglich eine spirituelle Übung gewesen. Heute würde man sagen: es macht nicht nur frei vom ständigen Drang zu essen, sondern entlastet auch den Kopf, indem wir mit ein bisschen Übung in Fastenzeiten oft konzentrierter und präsenter sind.

Gibt es körperliche Beschwerden, bei denen Intervall-Fasten nicht förderlich ist?

Es gibt Krankheiten, da will man gar nichts essen, wie bei Infekten oder Fieber. Hier schaltet der Körper selbst in den Fastenmodus, weil er seine Kräfte braucht, Viren abzuwehren oder mit Entzündungen fertig zu werden. Bei Stoffwechselstörungen mit der Gefahr einer Hypoglykämie (Unterzucker) wie Diabetes sollte man die Fastenzeiten mit seinem Arzt absprechen. Bei übergewichtsbedingtem Typ 2-Diabetes kann Kurzzeitfasten und eine Ernährungsumstellung allerdings wahre Wunder bewirken.

Welche Krankheiten beugt Fasten vor?

Fasten stärkt das Immunsystem, weshalb es im Grunde allen Beschwerden vorbeugt. Bei Krebs unterstützt es sogar nachweislich die Wirksamkeit von Chemotherapie.

Welche Maßnahmen unterstützen hilfreich das Fasten?

Eine Ernährungsweise wie oben beschrieben, bedarfsgerecht trinken (zwischen 1,5, und 2 Liter kalorienfreie Flüssigkeit am Tag), dazu ein aktiver Alltag mit viel körperlicher Betätigung und/oder Sport.

Gibt es einen Unterschied zwischen Heil- und Intervall-Fasten?

Ja, die Dauer. Heilfasten beginnt mit 2 bis 3 Entlastungstagen, dann wird mindestens 5 Tage gefastet und es folgen 3 Aufbautage. Dazwischen wird auch immer wieder der Darm entlastet durch gezieltes Abführen. Für Heilfasten braucht man Ruhe und viel Zeit, dann ist dies eine wunderbare Phase zum Loslassen und sich neu orientieren. Intervallfasten kann man jederzeit machen.

Fasten hat auch eine seelische Seite. Man wirft ja nicht nur körperlichen Ballast ab. Was macht Fasten mit mir?

Das ist individuell verschieden und hängt von der eigenen seelischen Konstitution und dem jeweiligen Umfeld und Alltag ab. Grundsätzlich kann Kurzzeitfasten dabei helfen, dem Leben mehr Struktur und Klarheit zu geben, verbunden mit dem Gefühl, mit dem Hunger auch sein Leben und seine Gesundheit besser im Griff zu haben.

Buch-Tipp: Intervallfasten/Mit stundenweisen Essenspausen nachhaltig schlank, Scorpio Verlag, 160 Seiten, 17,50 Euro




Foto: Shutterstock/Alliance